10 Jahre Freundeskreis Asyl in der SG Tarmstedt
10 Jahre Einsatz für die Integration von Geflüchteten in der Samtgemeinde Tarmstedt
Entstehung
Als Folge der großen Fluchtbewegung aus den syrischen Kriegsgebieten und aus anderen Ländern, in den Menschen keine Zukunft mehr fanden, trafen ab dem Jahr 2013 auch in Tarmstedt immer mehr Geflüchtete ein, die vom Land über den Kreis an die Samtgemeinde zugewiesen wurden. Diese Menschen brauchten und brauchen Unterstützung. So fanden sich in dieser Zeit eine Reihe von Menschen zusammen, die die Geflüchteten ehrenamtlich unterstützen wollten und die auf Initiative des Samtgemeinderatsmitgliedes Jochen Franke am 10. November 2014 einen eingetragenen Verein gründeten, den „Freundeskreis Asyl in der SG Tarmstedt e.V.“, kurz FAST e.V. genannt. Als Ziel und Aufgabe sollte eine „Willkommenskultur“ in der Samtgemeinde Tarmstedt entwickelt und gelebt werden.
Kooperation
Die Samtgemeindeverwaltung und -politik erkannte schnell, dass die rasant wachsende Zahl von zugewiesenen Geflüchteten nur mit Hilfe von ehrenamtlichen Kräften in einer menschenwürdigen Weise bewältigbar war. So entstand zügig eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Unterstützungsverein FAST e.V. und der Samtgemeindeverwaltung und -politik. Für die Samtgemeinde bestand die Hauptaufgabe zunächst darin, Wohnraum zu finden und die Versorgung der zugewiesenen Geflüchteten sicher zu stellen. Derzeit leben deutlich über 300 Geflüchtete in der Samtgemeinde, nicht wie in vielen anderen Gemeinden in Sammelunterkünften, sondern in angemieteten Häusern und Wohnungen, als Familien oder Wohngruppen. Der Verein FAST e.V. hat von Anfang an auf so genannte „Hauspaten“ gesetzt, die sich darum gekümmert haben und bei neu eintreffenden Geflüchteten weiterhin kümmern, dass der hier übliche Umgang mit Wohnhygiene, Mülltrennung, Umgang mit Wasser, Abwasser und Energie vermittelt wird. Wie lebt man in Deutschland? Worauf muss man achten? Wo finde ich was? Auch die Begleitung der Asylsuchenden zu Behörden, Institutionen, Ärzten und Rechtsanwälten gehört zum Engagement der Hauspaten und ihrer Helfer.
Deutschlernen als Schlüssel zu Verständigung
Ein Dach über dem Kopf allein bietet jedoch noch keine Grundlage für die Integration in unsere Gesellschaft. Schnell konnten die ehrenamtlich Tätigen erkennen, dass in erster Linie die Sprache für die Verständigung und Kontaktaufnahme mit den Bürgern und Bürgerinnen der Samtgemeinde das wichtigste Werkzeug ist. Ein freundliches „Moin“ aus einem fremden Gesicht löste häufig ein ziemliches Erstaunen aus, kommt bei der Bevölkerung aber prima an.
Ehrenamtliche Deutschkurse
Frühzeitig - der erste Kurs startete schon im März 2014 -organisierte der Verein FAST e.V. Deutschunterricht, zunächst ausschließlich mit ehrenamtlichen Kräften des Vereins. Insbesondere pensionierte Lehrerinnen und Lehrer, aber auch noch im Beruf stehende Lehrkräfte, Wissenschaftler und Fortbildner stellten sich dafür zu Verfügung. Die Kurse wurden an ein oder zwei Tagen mit je 2-3 Stunden angeboten und zeigten sofort eine gute Wirkung. Es stellte sich aber auch heraus, dass der Gesamtbedarf an Deutschunterricht in der Samtgemeinde auf diese Weise nicht zu decken war. FAST e.V. suchte nach Lösungen mit Bildungsträgern aus der Region wie VHS und dem BNW. Durch die hohe Spendenbereitschaft von Mitgliedern sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern gelang es dem FAST e.V., die nun mit der VHS und dem BNW konzipierten Kurse mitzufinanzieren. Der FAST e.V. konnte den Geflüchteten Lernmittel wie Bücher, Lesesticks und Computer zur Verfügung stellen und die Nutzung dieser durch die Hauspaten begleiten.
Einrichtung professioneller Deutschkurse
Nach und nach sickerten im Laufe des Jahre 2015 auch Bundes- und Landesmittel für die Sprachförderung nach 'unten' durch und der FAST e.V. konnte Deutsch-Anfängerkurse in Kooperation mit den Bildungsträgern mit je 2-3 Stunden am Tag und 5 Tagen in der Woche anbieten. Diese Kurse umfassten in der Regel 200 Stunden. Die ehrenamtlichen Deutschlehrerinnen und -lehrer wurden etwas entlastet, und die Mitglieder von FAST e.V. konnten ihre Kräfte und Mittel für die Organisation, für Absprachen, Raumsuche, Einteilung der passenden Lerngruppen und die Anschaffung von Lernmitteln einsetzen. Nach dem Auslaufen der ersten Kurse, die von September 2015bis zum Mai 2016 liefen, konzipierte die VHS Zeven in Kooperation mit dem FAST e.V. neue Kurse, die den besonderen Bedürfnissen der hiesigen Asylsuchenden entsprachen.
Seit Mitte Mai 2016 wurden folgende Deutschkurse in Tarmstedt durchgeführt:
1. Alphabetisierungskurse der VHS Zeven, Finanzierung über Landkreis ROW/Land Niedersachsen in Tarmstedt.
2. Im Januar 2016 startet ein BAMF-Integrationskurs der VHS Zeven.
3. Anfängerkurse der VHS Zeven, Finanzierung über Landkreis ROW/Land in Tarmstedt, Kirchtimke und Wilstedt.
4. Fortgeschrittenenkurse der VHS Zeven, Finanzierung über Landkreis ROW/Land in Tarmstedt.
5. Fortgeschrittenenkurse für Absolventen von B1-Prüfungen, ehrenamtlich, 2 x die Woche in Tarmstedt.
6. Mutter-Kind-Kurs mit Kinderbetreuung, zunächst ehrenamtlich, 1x die Woche in Tarmstedt. Ab 2016 – 2022 gab es regelmäßig einen Frauen-Sprachkurs mit Kinderbetreuung über die VHS Zeven, gefördert aus Landesmitteln.
7. Seit zwei Jahren ehrenamtlich organisierte Deutschkurse für ukrainische Geflüchtete in Tarmstedt.
Insgesamt haben mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an allen Kursen teilgenommen. Weitere Geflüchtete besuchten Integrationskurse in Zeven, die Teilnehmer werden weiter von FAST e.V. - Mitgliedern begleitet.
Schulische Bildung
Ein wichtiger Teil der Integrationsarbeit von FAST e.V. -neben der Organisation und Durchführung des Deutschunterrichts für erwachsene Geflüchtete - ist die enge Kooperation mit den Kindergärten, allgemeinbildenden Schulen in der Samtgemeinde Tarmstedt und dem Berufsschulzentrum in Zeven. Ander Kooperativen Gesamtschule (KGS) Tarmstedt gibt es immer wieder Sprachlernklassen, deren Lehrkräfte mit FAST e.V. kooperieren. Insbesondere für nachmittägliche Unterstützung, u.a. bei den Hausaufgaben, hat FAST e.V. Lernpaten für die Wohngruppen und Familien gewinnen können.
Erfolge
Inzwischen haben viele der von FAST e.V. betreuten Geflüchteten Schulabschlüsse erreicht, Ausbildungen im Handwerk erfolgreich begonnen und abgeschlossen, sich Weiter- oder Fortbildungen unterzogen und auf diese Weise Arbeitsplätze gefunden. Auch die eine oder andere Familienzusammenführung konnte umgesetzt werden und viele Kinder von Geflüchteten sind inzwischen in der Samtgemeinde Tarmstedt bzw. dem Landkreis Rotenburg geboren worden.
Aktivitäten
Über den Verein FAST e.V. werden Übersetzungsangebote für die Geflüchteten bei Behörden, Schulen, Rechtsanwälten und Ärzten organisiert und finanziert. Darüber hinaus gab und gibt es unter dem Dach des FAST e.V. eine internationale Mutter-Kind-Gruppe, in der sich Flüchtlingsmütter mit unter 6- jährigen Kindern und deutsche Mütter treffen, sowie das Café International, das mit großem Erfolg viertel- bis halbjährlich ein Angebot der Begegnung und des Kennlernens bietet.
FAST e.V.
Im FAST e.V sind über 60 Mitglieder organisiert, der Vorstand besteht aus vier Personen und die Zahl, der den Verein unterstützenden Menschen in der Samtgemeinde Tarmstedt, liegt bei ca. 145 Personen. FAST e.V. finanziert sich in der Hauptsache durch Spenden und Mitgliedsbeiträge, erhält aber auch Zuwendungen der Samtgemeinde für bestimmte Dienstleistungen zugunsten der Geflüchteten (z.B. Übersetzungstätigkeiten, Fahrten, Angebot von Kursen)und Zuwendungen des Landkreises für ehrenamtliches Engagement. Die WEB-Seite des Vereins ist seit 2016 online und soll die Arbeit des Vereins bekannt machen, Informationen über Aktivitäten zur Verfügung stellen sowie die Möglichkeiten des eigenen Engagements bekanntmachen.
Aussichten
Der Freundeskreis Asyl ist nun 10 Jahre in der Samtgemeindeaktiv und konnte viele Erfolge verbuchen. Die Notwendigkeit, Geflüchtete zu unterstützen, die aus den verschiedensten Ländern und Konfliktherden dieser Welt zu uns kommen, hält 2024 unvermindert an. Inzwischen ist die Verwaltung der Samtgemeinde Tarmstedt personell und technisch deutlich besser aufgestellt als noch 2014/15, so dass das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder zurückgefahren werden konnte. Mittlerweile gibt es vier hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus, es gibt Fahrzeuge und Lagerplatz für Sachspenden und die Beschaffung, Bewirtschaftung und Einrichtung von Wohnungen wird zum großen Teil durch die Verwaltung geregelt. Zugleich ist festzustellen, dass die Aufbruchstimmung, die 2014 zur Gründung unseres Vereins geführt hat, inzwischen an Schwung verloren hat. Ein Großteil der Aktiven ist – genauso wie der Verein- inzwischen 10 Jahre älter geworden und eine professionellere Abwicklung der Zuwanderung von geflüchteten Menschen in der Samtgemeinde hat einiges erübrigt, was vor 10Jahren nur durch ehrenamtliches Engagement möglich war. Trotzdem sind die Aufgaben und das Lösen von vielfältigen Problemen bei der starken Fluktuation und der bisher ungebremsten Zuweisung von neu zugewanderten Geflüchteten so groß, dass sie nach unserer Auffassung auch weiterhin nicht ohne ein breit aufgestelltes ehrenamtliches Engagement zu bewältigen sind. Menschliche Zuwendung, Interesse für das Schicksal der hier gestrandeten Menschen, Verbindung zu den Ämtern, Behörden, Ärzten, Institutionen, Versicherungen, Bildungseinrichtungen und einem unübersichtlichen Wohnungsmarkt erfordern eine so breit angelegte Unterstützung, dass die hauptamtlich Tätigen im Rathaus damit überfordert sind. Auch wenn es „nur“ die Hilfe zur Selbsthilfe ist, die der Verein FAST e.V. gibt, kann nur eine aktive Willkommenskultur dafür sorgen, dass die Integration der Geflüchteten hier in der SG Tarmstedt weiterhin erfolgreich und weitgehend konfliktfrei ablaufen kann. Dafür benötigt der FAST e.V. auch in Zukunft ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, insbesondere aus den jüngeren Bevölkerungskreisen. Viele der jetzt seit 10 und mehr Jahren aktiven Mitglieder des FAST e.V. sind im fortgeschrittenen Rentenalter und können die Qualität und den Umfang desbisherigen Engagements für die kommenden 10 Jahre sicher nicht garantieren, wenn nicht jüngere und tatkräftige Menschen einsteigen und mitmachen. Der FAST e.V. bietet dafür Einarbeitung, Unterstützung und die Chance auf unvergleichliche Erfahrungen, neue Freunde, Bestätigung und Freude.
F.A.S.T. Freundeskreis Asyl in der Samtgemeinde Tarmstedt
Unser Selbstverständnis
Der Zweck des Vereins ist die Förderung des Informations- und Kulturaustausches mit Flüchtlingen und Migranten/-innen aus verschiedenen Herkunftsländern sowie die Hilfestellung und Unterstützung für Flüchtlinge und Migranten/-innen in Notsituationen, bei Fragen ihres Aufenthaltsrechts und bei der allgemeinen und beruflichen Integration.
Dieses verwirklicht der Verein insbesondere durch die konkrete Unterstützung, Beratung und Information von Flüchtlingen und Migranten/-innen durch Mitglieder des Vereins, weiterhin durch Einrichtung und Organisation von Deutschkursen, Informationsveranstaltungen und Weiterbildungsseminaren zu Themen, die das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Migranten/-innen betreffen. Eine gezielte Unterstützung von Frauen wird durch besondere Angebote angestrebt.
Situation der Flüchtlinge in der SG Tarmstedt
Derzeit (Januar 2024) leben über 300 Geflüchtete in der Samtgemeinde Tarmstedt. Der überwiegende Teil der Geflüchteten wurden der Samtgemeinde von den zentralen Aufnahmestellen in Niedersachsen zugewiesen. Bisher ist es gelungen, alle Flüchtlinge dezentral in Häusern bzw. Wohnungen in der Samtgemeinde unterzubringen. Die Flüchtlinge in der SG Tarmstedt kommen aus der Ukraine, Syrien, dem Sudan, aus Eritrea, dem Irak, dem Iran, Afghanistan, Somalia und aus verschiedenen Balkanstaaten. Seit Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine haben gut 100 Geflüchtete aus der Ukraine die Samtgemeinde Tarmstedt erreicht.
Nachdem 2015/16 in erster Linie junge Männer zu uns gekommen sind, hatten wir es in der Zwischenzeit in der Mehrzahl mit Familien zu tun. Auch sind schon einige Kinder von Geflüchteten hier in Tarmstedt geboren worden. Aus der Ukraine kommen überwiegend Frauen und Mütter mit Kindern. Seit einigen Monaten werden uns wieder verstärkt junge und alleinstehende Männer zugewiesen.
Enge Zusammenarbeit mit der Samtgemeinde
Die Samtgemeinde Tarmstedt ist gesetzlich verpflichtet, die Flüchtlinge unterzubringen und Ihnen Mittel für Kleidung, Nahrung und Bildung zur Verfügung zu stellen.
Neben dieser Grundversorgung strebt die Samtgemeinde jedoch auch an, die Integration der uns zugewiesenen Flüchtlinge -so gut es geht - vorzubereiten und umzusetzen. Dieses geschieht insbesondere durch die Zuarbeiten der ehrenamtlichen Helfer unseres Vereins FAST e.V. in enger Absprache und Kooperation mit der Samtgemeinde. Die Aufgabe von FAST e.V. umfasst u. a. die Organisation von:
- Kindergartenbesuch von Flüchtlingskindern im entsprechenden Alter
- Schulbesuch der Kinder in schulpflichtigem Alter
- Suche nach Bildungsmöglichkeiten für Jugendliche im Alter von 15-19 Jahren (Erfüllung der Schulpflicht an berufsbildenden Schulen)
- Deutschkursen für Erwachsene Flüchtlinge
- Alphabetisierungskurse
- Hauspatenschaften
- Vermittlung von berufsorientierenden Praktika
- Vermittlung in den Arbeitsmarkt z.B. durch Suche und Förderung von Minijobs, Ausbildungsstellen und regulären Beschäftigungen
- Begegnungsmöglichkeiten beim Café International
- Unterstützung durch die Bevölkerung
Die Bevölkerung der Samtgemeinde Tarmstedt unterstützt den Freundeskreis und die Samtgemeinde bei der verantwortungsvollen Aufgabe in höchst anerkennenswerter Form. Wir bekommen Hilfsangebote für Betreuung und Unterstützung für Flüchtlinge, Angebote von Haus- und Lernpatenschaften, Spenden, Sach- und Kleiderspenden sowie Zuspruch und Anerkennung.
Das ist einfach toll. Danke an alle Menschen in der SG Tarmstedt, die uns und damit die vor Krieg und Elend geflohenen Menschen unterstützen und helfen.
Spendenkonto:
Freundeskreis Asyl in der Samtgemeinde Tarmstedt e.V.
IBAN: DE 10 2415 1235 0075 2237 35
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